Winkelselektive Systeme

Winkelselektive Systeme mit speziellen Geweben oder Folien steuern Licht- und Wärmeeintrag abhängig vom Sonnenstand, verhindern Blendung und sichern Sichtkontakt sowie thermischen Komfort im Raum.

Vier Beispiele winkelselektiver Systeme: Oben links ein dicht gewebtes Metallgeflecht, oben rechts ein feines Metallgitter mit hoher Durchsicht, unten links eine Glasfläche mit punktförmiger Lochstruktur, unten rechts eine Glasfläche mit vertikalen Streifenmustern. Diese Strukturen dienen der selektiven Steuerung von Lichtdurchlass und Sonneneinstrahlung je nach Einfallswinkel.
Bild 1: Beispiele für Systeme ohne winkelselektive Eigenschaften (Quelle: ift Rosenheim)

Systeme ohne winkelselektive Eigenschaften

Gewebe mit und ohne Beschichtung werden oft für außenliegende Senkrechtmarkisen oder innenliegende Rollos genutzt. Allerdings ergibt sich bei senkrechtem Lichteinfall das Problem, dass sich die Sonnenscheibe abzeichnet und es zu Blendeffekten aufgrund zu hoher Leuchtdichten kommt. Charakterisiert werden diese Systeme deshalb meist für das vollständig geschlossene System (Einfallswinkel der Solarstrahlung von 0°). Will man in der Praxis Zwischenstellungen des Sonnenschutzes (bspw. nur teilweise Öffnung) in Kombination mit der Verglasung berücksichtigen, so kann der gtotal-Wert durch flächenanteilsmäßige Wichtung des g-Wertes der Verglasung mit dem gtotal von Verglasung und Sonnenschutz ermittelt werden.

Folienrollos gestatten eine Durchsicht von innen nach außen, während Gewebe in der Regel nicht transparent sind. Bei Verwendung spezieller Gewebestrukturen lässt sich jedoch auch ein Sichtkontakt nach außen erreichen. Die raumseitige Oberfläche sollte in einem dunklen, nicht reflektierenden Farbton ausgeführt werden (am besten schwarz), während die außenseitige Oberfläche hell und reflektierend sein sollte (Sonnenschutz). Eine Charakterisierung der Durchsicht erfolgt nach EN 14501 und wird über den „normalen“ Lichttransmissionsgrad (τv, n-n) und über den „normal-diffusen“ Lichttransmissionsgrad (τv, n-diff) definiert. In der Praxis lässt sich der Wert näherungsweise aus der Transmission τv, n-n berechnen. Zwischen dem Sichtkontakt nach außen und einer Blendung durch die Sonne wird der Planer einen Kompromiss suchen müssen. Bei einem Sichtkontakt nach außen besteht der Nachteil, dass die Leuchtdichte der tief stehenden Sonne durch das Gewebe nicht ausreichend reduziert wird. Ein zu dichtes Gewebe verhindert andererseits den Sichtkontakt.

Winkelselektive Systeme

Feststehende winkelselektive Systeme (Prismenfolien, Prismenplatten aus Acrylglas, Streckmetalle oder Edelstahlbehänge mit spezieller Geometrie) können auch zur Tageslichtlenkung eingesetzt werden. Die Funktionsweise dieser Systeme beruht darauf, dass die Solarstrahlung aus einem bestimmten Einfallswinkel ausgeblendet bzw. bevorzugt transmittiert wird. Diese Systeme werden gestalterisch meistens an die jeweilige Fassade angepasst. Der Gesamtenergiedurchlassgrad für diese Systeme sollte mindestens für die Höhenwinkel 0° (tiefer Sonnenstand), 30° und 60° (hoher Sonnenstand) ermittelt werden. Bewegliche Systeme können sich dem jahres- und tageszeitlichen Sonnenstand optimal anpassen. In den letzten Jahren wurde auch die konkave Standardlamelle verbessert. Beispiele hierfür sind z. B. die Genius-, Retro-, Retrolux- oder Retrosolarlamellen, die einen verbesserten Sonnen- und Blendschutz sowie eine gute Durchsicht bieten, der jedoch von der Lamellenstellung abhängt. Zur Verbesserung der Durchsicht von innen nach außen können die Lamellen auch perforiert sein (erhöht Blendgefahr).

Schematische Darstellung der Funktionsweise schlanker, winkelselektiver Lamellen. Einfallendes Sonnenlicht wird reflektiert und gleichmäßig in den Raum gelenkt, wodurch sowohl Blendung reduziert als auch eine gute Tageslichtausleuchtung erreicht wird. Die Lamellengeometrie ist so gestaltet, dass eine hohe Durchsicht (76 %) bei gleichzeitig effizienter Lichtumlenkung erzielt wird. Pfeile zeigen den Verlauf der Lichtstrahlen und den Zusammenhang zwischen Durchsicht und Raumausleuchtung.
Bild 2: Wirkweise winkelselektiver Lamellen (Bsp. RETROFlex-Lamelle, Bildquelle: Köster Lichtplanung)