Gut geplante Verschattungssysteme an Fenstern und Fassaden schützen vor Überhitzung, steigern thermischen Komfort und Energieeffizienz und berücksichtigen zukünftige Klimaveränderungen im Gebäudedesign.
Die Anforderungen an moderne Gebäude steigen stetig – Energieeffizienz, Komfort, Sicherheit, Nachhaltigkeit, Klimaresilienz und Digitalisierung müssen gemeinsam gedacht werden. Die Komfortsteigerung sollte dabei nicht zulasten der anderen Aspekte gehen, insbesondere des Energieverbrauchs, indem Schwächen in der Gebäudehülle einfach durch eine Klima- oder Heizanlage kompensiert werden. Bei der Planung sollten dringend die zukünftigen, klimabedingten Veränderungen der Wetterbedingungen beachtet werden, die noch nicht in den aktuellen Normenwerken verankert sind. Denn die Klimawissenschaftler gehen davon aus, dass die Temperaturen in Europa und Deutschland steigen werden und Hitzewellen zunehmen.
Die Gebäudehülle und damit Fenster, Fassaden, Verglasungen und Sonnenschutzsysteme beeinflussen maßgeblich das thermische, visuelle und energetische Verhalten eines Gebäudes und sind daher ein integraler Bestandteil der Planung. Moderne Sonnenschutzlösungen leisten durch Automatisierung, tageszeitabhängige Steuerung und intelligente Vernetzung einen wichtigen Beitrag zur thermischen Behaglichkeit und Energieeffizienz. Voraussetzung dafür ist eine ganzheitliche Planung, bei der Steuerung, Nutzerverhalten und Wartung bereits im frühen Planungsstadium berücksichtigt werden.
Die Planung des Sonnenschutzes sollte aufgrund der klimabedingten Veränderungen nicht nur auf den „historischen“ Daten der aktuell noch gültigen DIN 4108-2;2013-2 basieren, sondern die steigenden Temperaturen und Hitzewellen berücksichtigen, um so die gesundheitlichen Belastungen durch die Überhitzung von Gebäuden zu vermeiden. Relevant für das Gesundheitsrisiko sind nicht nur die gemessene Lufttemperatur, sondern die „gefühlte Temperatur“ (Klima-Michel-Modell), bei der auch das Bewegungslevel, Bekleidung, die Luftgeschwindigkeit sowie die Luftfeuchte berücksichtigt werden. Eine geeignete Kombination von gutem Dämmstandard, Verschattungen und Lüftung (Nachtlüftung) kann das Hitzerisiko deutlich verringern. In Verbindung mit passiver Kühlung (Kühldecke/-fußboden) ist in gemäßigten Klimazonen (wie in Deutschland) ein Verzicht auf aktive Kühlsysteme in den meisten Fällen möglich. Die wichtigste Maßnahme ist eine sehr gute adaptive Verschattung.
Ganzheitliche Planung von Sonnenschutz, Blendschutz & Co.
Der Zweck von Sonnenschutzvorrichtungen ist die Reduzierung der solaren Einstrahlung, um für den Nutzer ein angenehmes Raumklima zu jeder Jahres- und Tageszeit zu gewährleisten – folgende Faktoren müssen dabei beachtet werden:
Energetische Kontrolle der solaren Einstrahlung zur Sicherung behaglicher Innenraumtemperaturen,
Ausreichende Tageslichtnutzung zur Reduzierung von künstlicher Beleuchtung und Versorgung mit gesundem Tageslicht,
Blendschutz und Vermeidung direkter Sonneneinstrahlung auf Personen insbesondere bei Bildschirmarbeitsplätzen,
Sichtschutz bei Nacht und Durchsicht von innen nach außen,
Vermeidung hoher raumseitiger Oberflächentemperaturen (Komfort).
Für die Auswahl eines geeigneten Sonnenschutzsystems ist es notwendig, die Einsatzbedingungen des Sonnenschutzes sowie die Randbedingungen am Einsatzort zu kennen. Die Beurteilung des Sonnenschutzes umfasst die Bewertung der energetischen, lichttechnischen und mechanischen Eigenschaften inklusive der Gebrauchstauglichkeit und der Standsicherheit. Die Anforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz müssen heute gemäß GEG §14 eingehalten werden.
Nichtwohngebäude sind hinsichtlich des thermischen Komforts, der Tageslichtbeleuchtung sowie der Haustechnik komplexer als Wohngebäude, und deshalb muss hier genauer geplant werden. Der Nachweis nach DIN 4108-2 ist für Nichtwohngebäude nur bedingt geeignet, sodass genauere, ingenieurmäßige Verfahren wie die dynamische Gebäudesimulation gemäß DIN EN ISO 52016-1 empfehlenswert sind. Der neue Normentwurf der DIN 4108-2 trägt dieser Entwicklung bereits Rechnung und definiert gesonderte Anforderungen für Nichtwohngebäude.
Die thermische und visuelle Behaglichkeit von Räumen ist stark durch den Nutzer geprägt und abhängig von vielfältigen Einflüssen, beispielsweise variable Solarstrahlung (Sonnenstand, Bewölkung), Außentemperatur, natürliche Verschattung (Gebäude, Bäume etc.), Glasflächen (Aufbau, Größe, Himmelsorientierung und Neigung, g-Wert), Sonnenschutz, Luftwechsel und Art der Lüftung, interne Wärmequellen (Personen, Computer, künstliche Beleuchtung), Gebäudetechnik (Steuerung, Klimatisierung) sowie Raumgröße und Wärmespeicherfähigkeit der Innen- und Außenbauteile. Insbesondere die internen Lasten sollten nicht unterschätzt werden. Schon ein zusätzlicher PC-Arbeitsplatz erhöht die Belastung des Raumes um bis zu 270 W. Für Verwaltungsgebäude sind andere Raumtemperaturen akzeptabel als für Wohnräume oder Werkstätten – ein Temperaturbereich zwischen +25 °C und +27 °C gilt als akzeptabel.
Glossar und Kennwerte
Gesamtenergiedurchlassgrad gtotal gtotal = g x Fc | gtotal: Gesamtenergiedurchlassgrad Verglasung und Sonnenschutz g: Gesamtenergiedurchlassgrad der Verglasung nach DIN EN 410 Fc: Abminderungsfaktor Sonnenschutz nach DIN 4108 (Betrachtung nur in Verbindung mit der Verglasung) |
Sonneneintragskennwert S0 Max. zulässiger Sonneneintragskennwert Smax Smax = S0 + ∑∆Sx | Aw: Fensterfläche in m² (lichte Rohbauöffnungsmaße) gtotal: Gesamtenergiedurchlassgrade der Verglasungen einschließlich Sonnenschutz. Berechnung von gtotal nach E DIN EN ISO 52022-1 AG: Nettogrundfläche Raum oder Raumbereich in m² S0: Basiswert des Sonneneintragskennwertes für Gebäude, S0 = 0,12 ∆Sx: Zuschlagswerte nach Tabelle 3, DIN 4108-2 |
Äquivalenter U-Wert Ueq = Ug – S x g | g: Gesamtenergiedurchlassgrad S: Strahlungsgewinn-Koeffizient Ug: U-Wert der Verglasung |
Selektivitätskennzahl S S = TL/g | S: Selektivität TL: Lichtdurchlässigkeit g: Gesamtenergiedurchlassgrad |