Gesundheitliche Folgen und Risiken von Hitzewellen

Hitzewellen führen durch steigende Körpertemperatur zu Kreislaufbelastung, Dehydrierung und Hitzestress. Effektiver Hitzeschutz mindert Gesundheitsrisiken und stärkt Klimaanpassung von Gebäuden.

Der anthropogene (durch den Menschen verursachte) Temperaturanstieg führt zu einer deutlichen Häufung heißer Tage, tropischer Nächte und intensiver Hitzewellen, deren gesundheitliche Relevanz zunehmend auch in den Fokus wissenschaftlicher Analysen, gesundheitspolitischer Debatten und öffentlicher Wahrnehmung rückt. Diese klimatischen Veränderungen wirken sich auf vielfältige Weise auf die menschliche Gesundheit aus. In den letzten Jahrzehnten gab es hunderte von Studien und wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu diesem Themenkreis. Der Stand dieser Erkenntnisse wird regelmäßig von renommierten nationalen und internationalen medizinischen Institutionen zusammengefasst. Dennoch wird auf die Gefahren in der öffentlichen Diskussion und auch in der Gebäudeplanung und Beratung von Bauherren immer noch zu wenig hingewiesen. Deshalb sollte jeder Bauexperte die Grundlagen der Risiken kennen.

Wärmeregulation des Menschen

Die zentrale Kenngröße zum Verständnis und der Beurteilung der gesundheitlichen Risiken und Folgen bei Hitzewellen ist die „Körpertemperatur“ (genauer Körperkerntemperatur), die durch Regelmechanismen konstant gehalten wird, um optimale Bedingungen für Stoffwechselvorgänge und das Funktionieren der Organe zu gewährleisten. Bei Überhitzung wird die Wärmeabgabe durch verstärkte Durchblutung der Haut und Schweißabsonderung (Verdunstungskälte) erhöht. Bei großer Hitze und starker körperlicher Aktivität kann die Kerntemperatur um 1 bis 2 °C ansteigen; bei gesunden Erwachsenen ist dies ohne gesundheitliche Beeinträchtigung möglich. Die Temperatur der Körperschale (Haut und periphere, stoffwechselarme Körperteile wie Arme, Beine, Ohren und Nase) ist jedoch niedriger als die Kerntemperatur und beträgt bei 15 °C Lufttemperatur nur noch etwa 24 °C. Die Fingertemperatur kann sogar kurzfristig und schadlos bis 5 °C absinken.

Weicht die Körperkerntemperatur jedoch um mehrere Grad vom Normbereich ab, so können erhebliche Gesundheitsschäden bis zum Tod auftreten. Bei einer Überwärmung des Körpers (Hyperthermie), z.B. durch einen längeren Aufenthalt in warmer Umgebung, körperliche Anstrengung oder fehlende Möglichkeit der Wärmeabgabe kommt es zu Hitzeschäden wie Sonnenstich, Hitzeerschöpfung, Hitzekollaps, Hitzekrampf, Hitzschlag, Hitzeödem und als extremste Form, dem Hitzetod.

Grafische Darstellung der Wärmeabgabe des menschlichen Körpers an die Umgebung. Gezeigt wird eine stilisierte Person, umgeben von Pfeilen und Textfeldern, die die vier Mechanismen der Wärmeabgabe beschreiben: Verdunstung (Abgabe von Wärme durch Schweißverdunstung), Leitung (Wärmeübertragung durch Kontakt mit anderen Körpern), Konvektion (Abgabe an die Umgebungsluft durch Luftbewegung) und Strahlung (Abgabe von Wärmestrahlung). Zusätzlich sind Wärmezufuhr, Wärmebildung und Wärmespeicherung im Körper dargestellt.
Bild 1: Mechanismen der Thermoregulation des menschlichen Körpers (Quelle: BGHM)

Der menschliche Organismus ist in der Lage, seine Körpertemperatur innerhalb enger Grenzen konstant zu halten. Bei erhöhten Umgebungstemperaturen erfolgt die Wärmeabgabe primär durch Schweißproduktion und Konvektion. Dieser Mechanismus kann jedoch bei hohen Außentemperaturen, hoher Luftfeuchtigkeit oder unzureichender Luftzirkulation überfordert werden. Besonders kritisch wird es, wenn die sogenannte „gefühlte Temperatur“ – ein biometeorologischer Index aus Temperatur, Luftfeuchte, Strahlung und Wind – Werte über 32 °C erreicht. In solchen Situationen ist die Fähigkeit des Körpers zur Wärmeabgabe stark eingeschränkt. Eine Studie an älteren Erwachsenen (> 65 Jahre) zeigte, dass sich durch Ventilatoren bei höheren Luftgeschwindigkeiten zwar der thermale Komfort verbessern könnte, aber es keinen signifikanten Effekt auf die Körperkerntemperatur und damit auf die Reduzierung gesundheitlicher Risiken gibt.

Körperliche Belastungen

Ein großer Teil der hitzebedingten Morbidität und Mortalität ist auf kardiovaskuläre Komplikationen zurückzuführen – also erhöhte Herzfrequenz, Kreislaufbelastung und in Folge ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte, Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienz (Herzschwäche). Bereits eine moderate Erhöhung der Umgebungstemperatur führt bei vulnerablen Personen (vorbestehende Herz-Kreislauf-Erkrankungen) und älteren Menschen zu einem erhöhten Risiko. Dies zeigt auch die Zunahme von Krankenhauseinweisungen wegen kardiovaskulärer Diagnosen und plötzlichem Herztod bei Hitzewellen. Die pathophysiologischen Mechanismen umfassen auch eine Bluteindickung infolge von Flüssigkeitsverlusten (Hämokonzentration) sowie die Begünstigung von Thrombosen.

Nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen stellen Atemwegserkrankungen die zweithäufigste Ursache für Mortalität und Morbidität dar. Das Atmungssystem wird durch eine verstärkte Ozonbildung bei hohen Temperaturen belastet, wodurch die Schleimhäute gereizt werden und es zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion, zu Asthmaanfällen sowie zur Verschlimmerung von Bronchitis und chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen (COPD) kommt. Hinzu kommen durch Hitze bedingte Feinstaub- und Pollenbelastungen, die ebenfalls Atembeschwerden auslösen oder verstärken. Besonders bei älteren Menschen mit chronischen Lungenerkrankungen oder eingeschränkter Lungenfunktion sind die Risiken erheblich.

Ein weiteres Risiko betrifft die Nieren und den Flüssigkeitshaushalt, denn Hitzebelastung führt zu vermehrtem Schwitzen, was ohne adäquate Flüssigkeitszufuhr zu Dehydratation führt. Die hierdurch verringerte Nierendurchblutung kann bei vorbestehender Niereninsuffizienz zu akutem Nierenversagen führen. Auch das Risiko für Harnwegsinfekte, Harnkonzentration und Nierensteinbildung steigt bei Dehydration erheblich.

Ein hohes Risiko für eine sogenannte exertionelle Hitzeerkrankung ergibt sich auch bei körperlicher Aktivität unter Hitzeeinwirkung – beispielsweise im Bauwesen oder in der Landwirtschaft. Dabei treten massive Flüssigkeits- und Elektrolytverluste auf. Diese können ohne ausreichende Kompensation zu lebensbedrohlichen Zuständen führen. Besonders gefährdet sind hier wieder ältere Menschen, die oft ein vermindertes Durstempfinden und eingeschränkte Mobilität aufweisen.

Schaubild zu den gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels. Dargestellt sind direkte Effekte wie steigende Temperaturen und vermehrte Extremwetterereignisse mit Folgen wie Hitzestress, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Verletzungen oder Schimmelpilzbefall. Indirekte Auswirkungen umfassen Veränderungen der Luftqualität, verstärkte UV-Strahlung, die Verbreitung von Allergenen, Vektoren und wasserbürtigen Infektionen, Lebensmittelprobleme, antimikrobielle Resistenzen sowie psychische Belastungen. Soziale Faktoren wie Alter, Geschlecht, Gesundheitsstatus, Mobilität oder sozioökonomischer Status beeinflussen das Ausmaß der Betroffenheit. Zusätzlich wird der Zusammenhang zwischen Klimawandel, Biodiversitätsverlust und sozialer Ungleichheit verdeutlicht.
Bild 2: Direkte und indirekte Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit (Quelle: RKI, Sachstandsbericht Klimawandel und Gesundheit, Teil 1)

Der Zusammenhang und die Wechselwirkungen von Medikamenten bei Hitze stellen ein weitgehend unbekanntes und unterschätztes Risiko dar. Denn viele Medikamente beeinflussen die Thermoregulation, den Flüssigkeitshaushalt oder die Flüssigkeitsausscheidung über die Nieren. Dazu gehören Blutdrucksenker wie Betablocker und ACE-Hemmer, entwässernde Medikamente (Diuretika), Anticholinergika (Therapie von chronisch obstruktiver Lungenerkrankung COPD und überaktiver Blase) sowie Neuroleptika, die zur Gruppe der Psychopharmaka gehören. Diese Substanzen können die Fähigkeit des Körpers zur Temperaturregulation herabsetzen oder eine Dehydratation begünstigen. Auch das Risiko für medikamenteninduzierte Nebenwirkungen ist bei hohen Temperaturen erhöht, etwa durch eine verminderte Verstoffwechselung der Medikamente in der Leber oder veränderte Konzentrationen von Wirkstoffen im Blutplasma. Gerade in Pflegeeinrichtungen oder bei Menschen mit Vorerkrankungen (multimorbid) ist eine sorgfältige Medikamentenüberprüfung während Hitzeperioden angezeigt. 

Neben akuten Hitzewellen begünstigen höhere Temperaturen und veränderte Niederschläge infolge der Klimaerwärmung allgemein auch die Verbreitung von Krankheitsüberträgern (Vektoren) wie Mücken oder Zecken sowie die Ausbreitung wasser- und lebensmittelgebundener Krankheitserreger (Vibrionen-Infektionen mit Magen-Darm-Erkrankungen, Cholera, Wundinfektionen sowie Salmonellen- oder Campylobacter-Infektionen aus verdorbenen Lebensmitteln).

Lebensgefährliche Hitzefolgen

Die gesundheitlichen Auswirkungen von Hitze mit schwerwiegenden medizinischen Notfällen und potenziell tödlichem Ausgang steigen mit der Länge und Intensität einer Hitzewelle deutlich an (über 3 Tage), insbesondere wenn die nächtliche Erholung in Tropennächten (> 20 °C) und aufgeheizten Innenräumen schwierig wird. Dabei spielt die individuelle Exposition – also Intensität, Dauer und Zeitpunkt der Hitzeeinwirkung – ebenso eine Rolle wie die Anpassungsfähigkeit der betroffenen Person. Hitzschlag, Hitzekollaps und Sonnenstich sind lebensgefährliche Folgen einer Hitzewelle. 

Bei einem Hitzschlag nimmt der Körper bei hohen Temperaturen mehr Wärme auf als er wieder an die Umgebung abgibt. Dann gerät die Körpertemperatur außer Kontrolle und kann innerhalb von zehn bis 15 Minuten bis auf 41 °C steigen. Ein Hitzschlag entwickelt sich sehr schnell (1-6 Stunden) und kann in weniger als 24 Stunden zum Tod führen und erfordert eine ärztliche Versorgung. Symptome sind eine ungewöhnliche Unruhe, extrem hohe Körpertemperatur (oral gemessen über 39 °C), eine heiße/rote/trockene Haut, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Schläfrigkeit, starkes Durstgefühl, Verwirrtheit, Krampfanfälle sowie eine Eintrübung des Bewusstseins bis zur Bewusstlosigkeit. Geeignete Gegenmaßnahmen sind Verlagerung des Betroffenen an einen kühlen Ort, lauwarme Getränke, Bekleidung lockern bzw. Oberbekleidung ausziehen und Kühlung durch feuchtkühle Umschläge und leichten Luftzug. 

Bei einem Hitzekollaps führt die anhaltende Hitze zur intensiven Durchblutung der Haut zwecks Wärmeabgabe und in der Folge zu einer kritischen Blutdrucksenkung. Dabei wird die Hirndurchblutung so vermindert, dass es zu kurzfristiger Bewusstlosigkeit und zum Kollaps kommt. Die Gegenmaßnahmen sind ähnlich wie bei einem Hitzschlag.

Der Sonnenstich wird durch eine starke Sonneneinstrahlung auf den unbedeckten Kopf verursacht, der zu einer Entzündung der Hirnhäute (aseptische Meningitis) und einer gefährlichen Schwellung des Hirngewebes (Hirnödem) führt. Symptome sind starke Kopfschmerzen, Nackensteife, Lichtscheu, Übelkeit, Erbrechen und Bewusstseinstrübung. Die Gegenmaßnahmen sind ähnlich wie bei einem Hitzschlag und Hitzekollaps.

Bevor es zu diesen schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen kommt, führt eine zu niedrige oder zu hohe Umgebungstemperatur bereits zu einem reduzierten Behaglichkeitsempfinden des Menschen, einer verringerten geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit sowie zu gesundheitlichen Belastungen bei vulnerablen Personen.

Psychische Gesundheit

Ebenso rückt die psychische Gesundheit zunehmend in den Fokus, weil hier der Krankenstand kontinuierlich steigt. Auch hier werden das psychophysiologische Befinden und die Leistungsfähigkeit während Hitzeperioden erheblich beeinflusst, ebenso längerfristige Entwicklungen wie das Fortschreiten klimabezogener Ängste, sozialer Belastungen und psychiatrischer Krankheitsbilder. Bereits moderate Hitzebelastungen wirken sich negativ aus und führen zu erhöhter Reizbarkeit, Konzentrationsstörungen und Schlafproblemen, insbesondere in Tropennächten mit Nachttemperaturen über 20 °C. Schlafdefizite verstärken psychische Belastungen, fördern depressive Symptomatiken und reduzieren die kognitive Leistungsfähigkeit. Dies erhöht das Risiko von Unfällen, aggressivem Verhalten und die Reduktion sozialer Toleranz („Heat-Aggression Link“).